Mittwoch, 18. Mai 2011

Kann man auf den Champs-Elysées gut essen, ohne das Gefühl zu haben, in eine weitere Touristenfalle zu tappen?



Einfache Frage, einfache Antwort: JA. Man kann.

Natürlich ist jede Aussage dazu subjektiv, doch auch nach sieben Jahren in Paris bin ich der Meinung, dass es in dieser Prachtstraße, bei der die Mieten immer weiter ansteigen, dadurch alteingesessene Apotheken und Postfilialen vertreiben und gleichzeitig Ketten wie H&M anziehen (die die Miete offensichtlich bezahlen können), die eine oder andere gute Möglichkeit zum Essen gibt.

Ohne Schleichwerbung machen zu wollen (ich bekomme dafür tatsächlich nichts), kann ich ‚Chez Clément’ mit seiner hübschen Kupfertopf-Dekoration empfehlen. Zwar ist auch diese wie bei viele andere Adressen sehr fleischlastig, doch haben sie immer nette Überraschungen wie z.B. kalte Gurkensuppe (wahlweise warm, aber das ist dann doch etwas eigenartig) - und sie schmeckt wirklich. Steht aber leider nicht immer auf der Karte, was natürlich wieder insofern gut ist, dass es zeigt, wie gerne sie sich erneuern. Etwas anderes, eher Standard’mäßiges’ ist hier absolut zu empfehlen: hausgemachtes Kartoffelpüree. Kein Scherz. Als ich einmal nur Püree und Sauce bestellte, weil mir das immer so gut schmeckt, sah man mich erstaunt an, bediente mich aber dennoch. Bei der Rechnung fiel mir auf, dass diese Art von Bestellung offensichtlich in keinster Weise ihren sonstigen Erfahrungen entsprach und sie von mir nicht einmal einen Tellerzuschlag oder Ähnliches in Rechnung stellten, sondern schlichtweg den Beilagenpreis von 2,70 EUR - und das auf den Champs-Elysées!
Natürlich wage ich solche Bestellungen nicht immer, um ja nicht aufzufallen, selbst wenn ich manchmal am liebsten zwei Vorspeisen nehmen würde anstelle des traditionellen Menüs, auf das sich die französischen Restaurants eingestellt haben (oder es gerne bestellt sähen), zum Abschluss noch ‚un petit café’ (einen Espresso, aber im Gegensatz zu seinem italienischen oder spanischen Pendant kein Vergleich; bedauerlicherweise bekommen die Franzosen Kaffee leider nicht hin, was mir in Anbetracht der hervorragenden Küche nach wie vor ein Rätsel ist) anbieten, aber leider kann ich persönlich abends nicht so viel essen, und die Hauptessenszeit ist zu meiner Verwunderung anscheinend noch immer am Abend.


Eine andere wunderbare Anlaufstelle ist die Brasserie im Publicis-Gebäude, am Triumph-Bogen gelegen. Ich verstehe immer noch nicht, wieso erst wenigen Leuten bekannt ist, dass es Montag bis Freitag bis 11 Uhr, am Samstag sogar 13 Uhr, für 19 Euro ein tolles Frühstücksbüffet gibt. Zwar hat das Angebot im Lauf der Zeit etwas abgenommen, es gibt keine diese wunderbaren Donuts mehr (die ich nie essen konnte, weil ich schon zu satt war, aber die tatsächlich fast so gut waren wie Krispy Kream Donuts), ebenso wenig wie das Vanillecreme-Dessert-Fast-Crème-Brulée-nur-ohne-die-leckere-Zuckerkruste, aber das Angebot mit Heißgetränk, frisch gepreßtem Oragensaft (auch zum Mehrfach-Nachschenken), dem bisher besten Pariser Rührei (wie gesagt, ich bin schon seit sieben Jahren hier), Speck, Pancakes, kleinen Croissants und Pain au chocolat, frischem Obstsalat, Käse, der wirklich schmeckt, und noch ein paar Sachen mehr kann sich sehen lassen. Am Sonntag gibt es dann für 30-35 EUR ein richtiges Brunch-Büffet mit tollen Kuchen, was sehr lecker ist, was man aber kaum essen kann. (Und das sage ich mit meiner gewohnheitsmäßigen Außer-Haus-ess-Aktivität  -  obwohl ich natürlich auch gerne koche.)  



Die Törtchen von Fauchon sind eine geschätzte Köstlichkeit
 Auf den Champs-Elysées gibt es auch jede Menge Adressen, die man kennt, darunter Häagen Dasz, immer lecker und zu ortstypischen Preisen. Unweit davon Verkaufsstände für das hochgelobte französche ‚Berthillon’-Eis, bei uns eher unbekannt, aber wirklich phantastisch (eine Kugel ab 3 EUR, dann mengenabhängig).
Hübsch und teuer auch die sehr elegante Nespresso-Filiale mit Fauchon-Törtchen, wunderschön und mit 8 EUR nicht ganz billig. 


Im ersten Stock des Atelier Renault, einer Art Showroom des französischen Automobilisten (dessen Autos ich deshalb trotzdem nicht unbedingt kaufen würde), das momentan komplett renoviert wird, gab es lange Zeit ein tolles Restaurant, von dem es schön wäre, es nach dem Umbau wieder zu entdecken: es ist natürlich auch nicht ganz billig, aber man sitzt schön, kann am Sonntag brunchen, was wirklich Spaß macht, und für 20-25 EUR aufwärts wirklich gut speisen und vor allem sich überraschen lassen von der Kreativität der Köche und ihrer liebevollen Präsentation der Speisen.

Bald gibt es in Frankreich wieder Marks&Spencer, wofür ebenfalls die Champs-Elysées ausgewählt wurden (nach großzügiger Entlohnung des Vormieters Esprit). Es wäre sicher ganz nett, wenn sie ihre typische Lebensmittel-Abteilung mitbrächten, vielleicht sogar einen ‚Picknick-Bereich’ wie in ihren englischen Filialen. Außerdem sind ihre Scones mit ‚clotted cream’ und Marmelade sehr lecker.

Und will man sich etwas Besonderes gönnen, ist Joel Robuchon im Untergeschoss des Publicis-Gebäudes in seiner Joel Robuchon-typischen Ausstattung zu finden, die sich in vielen ihrer Restaurants wiederholt. Ein besonders leckeres Beispiel: Caille (Wachtel) mit Foie gras in karamelisierter Sauce und hausgemachtem Kartoffelpüree (ja, das schon wieder, aber es hat schon was). Serviert werden vier kleine Stückchen Fleisch (die auf dem Teller etwas verloren aussehen) mit delikater Sauce, von denen zwei mit Foie gras gefühlt sind. Die Knusprigkeit der Haut lässt einen andächtig schweigen, man verliert vorübergehend schlichtweg die Fähigkeit zu sprechen, während die kleinen Happen den Gaumen verwöhnen und scheinbar nur dahinschmelzen (Hab’ ich eigentlich gekaut?). Die Sauce harmoniert in Perfektion zum Fleisch, vom Kartoffelpüree darf man gar Nachschlag bestellen. Nettes Schmankerl: jeder Gast bekommt einen ‚Amuse-gueule’ im Glas als Gruß aus der Küche, heute eine Art Foie-gras-Schaum - schlichtweg ein Traum.
Kleine Portionen, großer Genuß (37 EUR - zwar nicht billig, aber bei einem Starkoch seiner Güte akzeptabel).
Man gönnt sich ja sonst nichts.

Warum ich meinen Blog 'Schokolade 'genannt habe

Ich habe diesen Blog ‚Schokolade’ genannt, weil es das erste ist, was mir in den Sinn kommt, ob ich nun ans Essen denke, arbeite, lese oder etwas völlig anderes mache. Natürlich gibt es noch andere wichtige Dinge, kleine Törtchen, Schokoriegel (in allen erdenkbaren Formen), einen schönen Restaurantbesuch oder was eben noch so Relevanz haben kann im täglichen Leben.
Andere Leute, so vermute ich, denken an Fußball (soll es geben), wie sie ihren Alltag planen, was sie am Wochenende unternehmen - was ich nebenbei natürlich auch tue -, aber aus Gründen, die sich mir noch nicht erschlossen haben, ordnet mein Gehirn Prioritäten in andere Reihenfolge, so dass Schokolade automatisch immer ganz oben steht, dicht gefolgt von anderen Leckereien (abhängig vom jeweiligen persönlichen Tageszustand). (Selber gemachte Choco Crossies mit Cornflakes kommen momentan gleich nach dem Wort mit S.)

Langer Rede kurzer Sinn: dieser Blog heißt also Schokolade nach meinem Lieblingsnahrungsmittel (und nicht -lebensmittel), wobei ich neben diesem Glücklichmacher selbstverständlich mit großer Begeisterung andere Leckereien zur Optimisierung der Gaumenfreude, sowie sie mir in den Sinn kommen, ebenfalls einfließen lassen werde. Sprich, alles was mit dem leiblichen Genuß auch nur im entferntesten zu tun hat.